Luang Prabang

Schon der Name klingt nach. "Luang" - asiatisch, mystisch "Prabang" - indisch, rhytmisch. Es war der einzige - mir bis dahin unbekannte - Städtename, den ich mir von den Reiseberichten und -empfehlungen meiner Freunde merken konnte.
Luang Prabang, UNESCO Weltkulturerbe, zweitgrösste Stadt Laos', mit cirka 70.000 Einwohnern, ehemalige Hauptstadt irgendeines Kaiserreiches und französische Kolonie am Ufer des Mekong.
Die Altstadt ist eine, südlich vom Mekong, östlich und nördlich von einem einfliessenden Nebenfluss gerahmte, langgestreckte Halbinsel. Die Uferpromenade wird rundum von schick renovierten Holzhäuschen gesäumt, in denen Boutique Hotels mit Namen wie "Chez Matt" oder "Belleville" europäische Ehepaare mittleren Alters beherbergen. Der Grat der Altstadt, die Hauptstrasse entlang der Halbinsel gleicht einem Chamäleon: im täglichen Rhytmus wandelt sich die Strasse mit dem Stand der Sonne.
Im Morgengrauen schon füllen sich die sauber gefegten Gehsteige mit Leben. Mönche, in ihren traditionellen orangenen Gewändern und den Almosenschaalen um die Schultern gehängt, kommen in langen Reihen aus den vielen Tempeln der Stadt. Gläubige haben schon vor Morgengrauen Reis in kleinen Bambusschalen vom Markt geholt, und knien (Frauen), oder stehen (Männer) entlang des Bürgersteiges, an dem die Mönche vorbeigehen. Sie nehmen die Gaben wortlos an, auch den Dankesgruss des Gebenden, der mit zusammengelegten Händen vor der Stirn den Kopf tief neigt. Auch die meist jungen Mönche halten die Köpfe gesenkt, sichtlich peinlich berührt von der Masse an Chinesischen, Europäischen und Amerikanischen Kameraobjektiven die ihre tägliche Rutine in Bilder zu fangen versuchen, als wäre es ein einmaliges Naturereigniss.
Nach der Zeremonie erwacht die Strasse zu Leben: Geschäfte, Bäckereien und Kaffees öffnen, Mopeds, Tuk-Tuks und Pickups laden Waren und Meschen ein und aus. Händler ballancieren an den Enden eines Stockes auf der Schulter zwei grosse Bambuskörbe wie Waagschaalen.  Die ersten Wasserfall-hungrigen Touristen werden von den ersten Fahrern angeworben ("tuk-tuk, tuk-tuk?"). So vergeht der Vormittag, bis die Sonne vom Himmel brennt, Rollos runtergelassen werden und die paar Händler hinter ihren Stoffen und Taschen sich auf Liegestühlen langstrecken. Asiatische Siesta. Gegen vier Uhr kommen die oben schon genannten Fahrzeuge, zum Brechen beladen, in die Strasse gefahren und wie aus dem Nichts entsteht eine Zeltstadt mit Hunderten von Ständen an denen Stoffe, Hosen, Kleider in den typischen Elefanten- und Hippiemustern, Holzarbeiten, Postkarten, Souvenier-gerecht verpackter Kaffee und Tee in sich wiederholenden Zeltfolgen angeboten werden. Vor sechs geht tagtäglich die Sonne unter. Lampignons und Lichterketten erhellen den Mark, die Strasse hat sich in den, von allen Reisebüchern beweihrauchten Nightmarket verwandelt. Ein Strom Touristen auf Schnäppchenjagd erschweren das durchkommen, dabei haben sich am weiten Ende der Strasse und an den Ufern Bars und Kneipen ebenfalls in Kerzen und Lampignonlicht gekleidet.
Der Zauber dauert bis zehn Uhr. Drei-D Postkarten werden zugeklappt, Stoffe gefaltet, Kisten und Säcke gefüllt. Kinder schieben Metallkisten auf Rädern heran in denen die Zelte verstaut werden. So trifft der Tourist, wenn er gegen halb zwölf den Grat Luang Prabangs Richtung Osten und Hotel entlangschreitet, nur noch eine Doppelspur liegengebliebenen Mülls an. Dieser verschwindet jedoch wie von Geisterhand irgendwann zwischen Mitternacht und fünf Uhr früh, dem einzigen Zeitraum, in dem ich mein liebgewonnenes Chamäleon - aus schlaftechnischen Gründen - für einige Studen aus den Augen lassen musste.




Comments

Anonymous said…
Es gefällt mir sehr wie du schreibst, ich fühle, als wäre ich selbst dort.

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